Der Motorsport ist ein Wanderzirkus. Fahrer kommen und gehen, Teams und Teamchefs ebenso. Aber es gibt einige herausragende Persönlichkeiten, die auch Jahrzehnte später in Erinnerung bleiben – manche sogar, obgleich ihr Erfolg nur überschaubar war. Einer von ihnen ist Don Nichols.
Nach spärlichen Versuchen im japanischen Motorsport Ende der 1960er Jahre stieg Don Nichols mit einem Paukenschlag in die Can-Am ein und verblüffte die Konkurrenz mit dem revolutionären AVS Shadow Mk1. Es folgten erfolgreiche Jahre in der Formel 5000, der zweiten Generation der Can-Am und in der Formel 1. Die acht Saisons in der Königsklasse waren geprägt von Höhen und Tiefen. Aber das alleine macht nicht die Faszination von Shadow Racing Cars aus. Die resultierte aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Was man heute als Corporate Identity bezeichnet: der Teamname, das düstere Teamlogo, die schwarzen Rennfahrzeuge – und eben Don Nichols.
Ihn zu charakterisieren ist eine Herausforderung. Viele beschrieben ihn als distanziert, kühl und verschlossen. Als Geschäftsmann sei er eiskalt gewesen, so sagt man. An den Rennwochenenden agierte er als Teamchef eher im Hintergrund. Nicht jeder fand Zugang zur Person Don Nichols. Peter Bryant, der von 1971 bis 1973 für ihn die Modelle Shadow Mk2 und Mk3 konstruierte, sagte in einem Interview über ihn: „Don eilte ein Ruf voraus. Deshalb haben sich viele nicht auf ihn eingelassen.“
Hans-Joachim Stuck fuhr 1978 für Nichols in der Formel 1 und zeichnete im Interview für diesen Artikel ein anderes Bild: „Don war in meiner Formel-1-Zeit mein bester Teamchef – eine tolle Persönlichkeit, mit der ich gerne länger zusammengearbeitet hätte. Absprachen hat er im Gegensatz zu anderen Teambesitzern zu hundert Prozent eingehalten. Der Umgang war immer offen und ehrlich. Wir haben uns immer gut verstanden und bis zu seinem Tod immer wieder telefoniert. Über ihn kann ich nichts Negatives sagen und solche Aussagen über ihn auch nicht verstehen.“
Kindheit und Jugend
„In the middle of nowhere“ – diese geflügelte Bezeichnung dürfte zutreffend sein für die Region, in der Don Nichols seine Kindheit verbrachte. Im Bundesstaat Missouri liegt im Dreieck der Städte Kansas City, St. Louis und Springfield die Kleinstadt Eldon. Heute zählt sie knapp 5000 Einwohner, in den 1920ern dürften es nur ein paar Hundert gewesen sein. Am 23. November 1924 wurde Donald Robert Nichols geboren.
Er wuchs bei seinen Großeltern auf einer Farm in Pleasant Hill auf, denn sein Vater reiste als Flugzeugmechaniker durch das Land und hatte kaum Zeit, sich um seinen einzigen Sohn zu kümmern. Er starb 1941 bei einem Hotelbrand. An seine Mutter hatte Don keine Erinnerung. Pleasant Hill liegt inmitten der „Tornado Alley“, wo von März bis Mai zerstörerische Tornado fast schon zum Alltag gehören. Im Mai 1927 wüteten drei Tage lang schwere Tornados südlich von Kansas City. Einer erfasste das Taxi, in dem Don Nichols und seine Mutter unterwegs waren. Der Zweijährige wurde durch die Luft katapultiert und landete schwer verletzt in einem Waldstück, seine Mutter kam dabei zu Tode. Der Taxifahrer überlebte, und vermutlich ist es ihm zu verdanken, dass der kleine Junge damals dieses Ereignis überlebte. Wie durch ein Wunder wurde er Stunden später gefunden. Sein Körper war gezeichnet von unzähligen Knochenbrüchen, aber er lebte noch. Fast zwei Jahre musste er in verschiedenen Krankenhäusern verbringen, um sich von seinen Verletzungen zu erholen.
Der Alltag in Nichols’ Kindheit war geprägt von der Landwirtschaft und von Autos. Sein Großvater besaß einige für die damalige Zeit noble Fahrzeuge, pflegte sie aber kaum zu bewegen. Das übernahm in jungen Jahren dann Don Nichols – erst heimlich, später mit Unterstützung des Großvaters…
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von Christian Reinsch
Fotos: Penny Nichols, Cahier, Motorsportimages, McKlein