Als Opel vor genau 50 Jahren den GT auf den Markt brachte, gab es mit dem Kadett Rallye, dem Rekord Sprint und dem Commodore GS bereits Modelle, die europaweit erfolgreich als Basis für motorsportliche Einsätze genutzt wurden. Der GT sollte nicht nur optisch das Aushängeschild für den Imagewandel bei Opel sein, sondern mit seinem Handling mindestens gleich gute Voraussetzungen für den Rennsport bieten. Als Grand-Tourisme-Coupé bewegte er sich aber nicht im Tourenwagenumfeld. Stattdessen war er der Außenseiter inmitten der Porsche 911 und 914/6, der federleichten Renault Alpine A110, Lancias, Alfas und anderen Zweiliter-Boliden. So betrat der GT die Renn- und Rallyeszene in den ausklingenden 1960er Jahren während einer der spektakulärsten und schönsten Rennsportepochen. Der Italiener Virgilio Conrero war einer der professionellen Tuner, die damals dem Opel GT das Fliegen beibrachten. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.
Der große Erfolg 1971
1971 realisierte man bei GM Italia, dass die Marke von den Rennerfolgen erheblich profitieren könnte. Im vergangenen Jahr hatte Artioli die GT-Einsätze finanziert. GM entschied nun, die beiden vorhandenen GTs zu kaufen, und orderte bei Conrero zwei weitere Rennfahrzeuge. Ein goldfarbenes und ein silbernes Auto mit roter Innenausstattung kamen hinzu und konnten auf Basis der bisher gesammelten Erfahrungen als Gruppe-4-Fahrzeuge vorbereitet werden. Die Motoren leisteten mit bis zu 183 PS bei 7000 U/min inzwischen gut das doppelte der Serienversion. Das Vierganggetriebe blieb unverändert, bei den Felgen hingegen wechselte man zu Alpina. Alles war jetzt professioneller, Conrero erhielt einen Vertrag, und die Mechaniker begleiteten die Wagen zu allen Rennen.
Nachdem alle GTs für die neue Saison fertiggestellt waren, organisierte Conrero zusammen mit Klaus Steinmetz einen Wagen- und Fahrertest in Monza. Der italienische Teil des Programms sollte unter sieben Piloten (sechs Italienern und einem Spanier) die besten Opel-GT-Fahrer für die kommenden Rennen finden. Die Kandidaten drehten mit dem roten Gewinnerauto von Mugello insgesamt 38 Runden. Die Wahl fiel dann auf Pino Pica, Paolo Monti und Giampaolo Benedini. Beim ersten Rennen, der Coppa des A.C. Verona in Monza, zeigte Pica mit einem zweiten Platz in der Klasse erneut das Potenzial des GT. Es war ein schnelles Rennen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 172 km/h.
Seit Beginn der Entwicklungen am GT spielte Conrero mit dem Gedanken, den Wagen bei der Targa Florio einzusetzen. Der sizilianische Klassiker war das älteste Rennen der Welt – und aus Conreros Sicht genau die richtige Veranstaltung für dieses Fahrzeug. Im Vorjahr war man mit den Vorbereitungen einfach zu spät gewesen, aber 1971 sollten gleich alle vier Autos die 72 Kilometer lange Strecke in Angriff nehmen. Der rote GT wurde nur als Trainingsauto verwendet (#54T), während die anderen drei auch für das Rennen gemeldet waren. Als Piloten hatte man Marotta/Benedini (#52, silber), Pianta/Pica (#54, gold) und Calascibetta/Monti (#60, gold) vorgesehen.
Der Trainingsverlauf eines der beiden goldfarbenen GTs (#54) wurde durch einen Unfall unterbrochen, weil Pino Pica in einen Lancia krachte, der unmittelbar vor ihm außer Kontrolle geriet und die Straße blockierte. Da für Reparaturen natürlich nur wenig Zeit zur Verfügung stand, flickte man die lädierte Front nur behelfsmäßig zusammen. Die Scheinwerfer brachte man in geöffnete Position und lackierte die Nase kurzerhand weiß. Dessen ungeachtet gingen Pianta/Pica von Startplatz 25 ins Rennen, die beiden anderen Teams von den Positionen 23 und 43. Vereinbartes Ziel in der Anfangsphase des Rennens war es, die drei GTs zusammenzubringen und wie einen Zug um den Kurs zu treiben. Die Lokomotive sollte der GT von Salvatore Calascibetta sein, der als Sizilianer die Straßen am besten kannte…
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von Maurice van Sevecotte/Stefan Müller
Fotos: Sammlung Maurice van Sevecotte, Revs Institute