Als Opel vor genau 50 Jahren den GT auf den Markt brachte, gab es mit dem Kadett Rallye, dem Rekord Sprint und dem Commodore GS bereits Modelle, die europaweit erfolgreich als Basis für motorsportliche Einsätze genutzt wurden. Der GT sollte nicht nur optisch das Aushängeschild für den Imagewandel bei Opel sein, sondern mit seinem Handling mindestens gleich gute Voraussetzungen für den Rennsport bieten. Als Grand-Tourisme-Coupé bewegte er sich aber nicht im Tourenwagenumfeld. Stattdessen war er der Außenseiter inmitten der Porsche 911 und 914/6, der federleichten Renault Alpine A110, Lancias, Alfas und anderen Zweiliter-Boliden. So betrat der GT die Renn- und Rallyeszene in den ausklingenden 1960er Jahren während einer der spektakulärsten und schönsten Rennsportepochen. Der Italiener Virgilio Conrero war einer der professionellen Tuner, die damals dem Opel GT das Fliegen beibrachten. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.
In der Entwicklungsphase des Opel GT mit ihren einzelnen Evolutionsstufen im Design gab es vor allem ein technisches Merkmal, über das in Rüsselsheim die Meinungen auseinandergingen: die Position des Motors im Frontbereich. Der GT sollte auf dem Kadett basieren und somit dessen Vorderachse verwenden. So war es für die Ingenieure naheliegend, auch die Motorposition des Kadett zu übernehmen. Aus rein technischer Sicht war dies zwar die einfachste und vor allem kostengünstigste Lösung, sie führte allerdings zu einer ungünstigen Gewichtsverteilung und dadurch zu einem schlechteren Handling. Darüber hinaus war diese Motorposition mit den vorliegenden Designentwürfen, die eine tief heruntergezogene Front vorsahen, kaum vereinbar.
Dass es auch anders gehen könnte, nämlich mit einer nach hinten versetzten Position, wurde vor allem vom jungen Marketingvorstand Bob Lutz propagiert. Nach längerer Diskussion entschied man sich zu dem ungewöhnlichen Schritt, einen Vergleichstest auf dem Nür- burgring anzusetzen, mit einem technisch versierten und in der Sache neutralen Fahrer. So wurden für Juli 1966 gleich zwei Piloten für die Tests engagiert, und dies waren keine Geringeren als die beiden Rennfahrer Hans Hermann und Eberhard Mahle. Als Basis dienten der Experimental-Ausstellungswagen von der IAA 1965 sowie der Prototyp der Technischen Leitung.
Sichtlich beeindruckt berichtete Bob Lutz später von dem Verlauf der Testfahrten. Er erinnerte sich, dass beide Experimental-GTs mit identischen 1,9-Liter-Motoren ausgerüstet waren. Die Fahrer fuhren den Test „blind“, wussten also nicht, welcher Wagen mit welcher Motorposition versehen war. Obwohl beide Autos gut waren, merkte Hans Hermann sofort, dass das Exemplar mit der konventionellen Motorlage träger reagierte, etwas mehr Seitenneigung aufwies und zum Untersteuern neigte. Der Mittelmotorwagen hatte ein angenehmeres, neutrales Fahrverhalten und erreichte damit bessere Rundenzeiten. Er fühlte sich einfach eher wie ein Sportwagen an, schneller, leichter im Handling, sensibler in der Reaktion und besser ausbalanciert. Auch Eberhard Mahle drehte seine Runden über die Nordschleife und gab ein eher verhaltenes Votum ab, Hans Hermann aber sprach sich eindeutig für die zurückgesetzte Version aus…
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von Maurice van Sevecotte/Stefan Müller
Fotos: Kräling, Sammlung Maurice van Sevecotte