DIE JAHRE MIT DEM ZWEILITER-SAUGMOTOR UND DAS ERSTE TURBOJAHR 1975 WAREN FÜR ALPINE UND RENAULT PRAKTISCH NUR EIN EINROLLEN AUF DEN FLACHETAPPEN, UM EIN BILD AUS DEM RADSPORT ZU VERWENDEN. DOCH AB 1976 GING ES IN DEN ANSTIEG. UND BEI DEN FOLGENDEN BERGETAPPEN WOLLTE RENAULT UNBEDINGT ALS ERSTER AUF DEM GIPFEL SEIN. DAS EINZIGE, WAS NOCH ZÄHLTE, WAR DER GESAMTSIEG BEI DEN 24 STUNDEN VON LE MANS.
Nach den eher durchwachsenen Ergebnissen der Rennsaison 1975 sollte eine grundlegende Neuaufstellung bei Renault und seinen Außenstellen Besserung bringen. Im Oktober trat das Renault-Management an Gérard Larrousse heran: „Wir sind nicht zuverlässig genug. Das Auto ist gut, aber wir können so nicht gewinnen. Wir sind davon überzeugt, dass die Organisation das Problem ist, nicht das Auto.“
Larrousse leitete seit 1974 sein eigenes Team Elf Switzerland, und das mit großem Erfolg. Die Fahrerkarriere des 35-Jährigen aus Lyon neigte sich dem Ende zu. Er hatte sich zuerst als Rallyefahrer einen Namen gemacht, war dann aber auch in anderen Rennsportklassen äußerst erfolgreich: mit Porsche, Matra, Lola und Alpine in der Markenweltmeisterschaft, mit Alfa Romeo, BMW und Ford im Tourenwagen und zuletzt mit seinem Elf2 in der Formel 2. Als erfahrener Pilot und Teamchef sah er die Problematik genauso wie die Führung von Renault, konnte aber bisher als Außenstehender nur Verbesserungsvorschläge machen. Entscheidungsbefugnisse hatte er nicht.
Am 1. Januar 1976 übernahm Larrousse bei Renault die neu geschaffene Position des Generalmanagers aller Rennsportinteressen und machte sich daran, eine funktionierende Zusammenarbeit aller Beteiligten zu organisieren. „Ich hatte Alpine in Dieppe, Gordini in Viry-Châtillon und die Renault-Rallyeabteilung, die alle nur wenig miteinander kommunizierten“, beschreibt er die damalige Ausgangslage. „Jeder machte seinen eigenen Job. Meine Aufgabe war, alle zusammenzubringen und ihre Arbeit zu koordinieren. Dabei habe ich mich nicht immer beliebt gemacht.“ Für Renault Sport wurde in Dieppe ein neues Werk errichtet, wo fortan die Sportwagenabteilung untergebracht war.
Hatte man bei Alpine bisher zwar durchaus zielgerichtet, aber noch relativ entspannt gearbeitet, wurden Planung, Organisation und Anstrengungen jetzt erheblich intensiviert.
Renault macht ernst
Der A442 wurde in zahlreichen Punkten modifiziert und weiterentwickelt. Der Motor, der bekannte 24-Ventil-V6 mit einem Garrett-Turbolader, erhielt ein Update und sollte nun zuverlässiger sein. Neue Regeln erforderten auch eine Überarbeitung des Fahrwerks. Die Breite der Hinterräder war jetzt limitiert, dafür kamen Räder mit größerem Durchmesser zum Einsatz. Das bedingte eine Änderung der Spurweite, was sich wiederum auf die Balance auswirkte, sodass hinten etwas Grip verloren ging. Dem begegneten die Ingenieure mit einer neu gestalteten Hinterradaufhängung und einer neuen aerodynamischen Formgebung der Heckverkleidung.
Wie schon im Vorjahr standen auch 1976 gelegentliche Einsätze in der Markenweltmeisterschaft auf dem Programm; das Wichtigste aber war die erstmalige Teilnahme in Le Mans. Ein hochkarätiges Fahreraufgebot stand bereit: die aktuellen Formel-1-Fahrer Patrick Depailler, Jean-Pierre Jarier und Jacques Laffite, der zweifache Le-Mans-Sieger Henri Pescarolo, der langjährige Renault-Stammfahrer Jean-Pierre Jabouille sowie der junge Formel-2-Pilot Patrick Tambay.
Trotz aller Anstrengungen und Verbesserungen endete das erste Rennen von Renault Sport im Chaos. Bei den 300 Kilometern auf dem Nürburgring standen die beiden Alpine-Renaults von Patrick Depailler und Jean-Pierre Jabouille auf dem ersten und dritten Startplatz, getrennt nur durch den neuen Porsche 936 von Rolf Stommelen. Bei nassem, nebligem Wetter führte Depailler das Feld in die Südkehre, musste aber auf der Geraden hinter den Boxen seinen Teamkollegen passieren lassen. Beim Versuch, sich beim Anbremsen der Nordkurve wieder an die Spitze zu setzen, verpasste der Tyrrell-Formel-1-Pilot jedoch auf dem nassen Teil der Strecke seinen Bremspunkt, verlor die Kontrolle und begann sich zu drehen. Jabouille geriet in dem Bemühen, ihm auszuweichen, ebenfalls in Schwierigkeiten, und beide Alpines rutschten in die Leitplanken. Gérard Larrousse war natürlich höchst verärgert und verhängte über den Unfallverursacher Depailler eine mehrmonatige Sperre.
Bei den nächsten beiden Rennen in Monza und Imola lief es anders, aber im Ergebnis auch nicht besser. Einzige Ausbeute der Franzosen aus beiden Läufen in Italien war ein zweiter Platz durch Jarier/Pescarolo im königlichen Park. Jabouille/Laffite schieden mit Motorschaden aus, ebenso wie beide eingesetzten Autos vier Wochen später in Imola…
Mehr im aktuellen Heft!
von Harold Schwarz
Fotos: McKlein, Renault, Ferdi Kräling, The Cahier Archive