An einer verschlafenen Dorfstraße, am Rande der mittelalterlichen Altstadt von Baelen beherbergt eine alte Papiermühle aus dem 19. Jahrhundert das Team von MEC auto. Dort, wo einst Papier geschöpft und gelagert wurde, werden heute mit viel handwerklichem Geschick Meilensteine der Motorsportgeschichte zu neuem Leben erweckt. Die Brüder Mike und Stéphan Kupka formten in den vergangenen Jahrzehnten hier eine kleine Mannschaft, die ihre Arbeit bestens versteht. Das zeigte erst vor wenigen Wochen der Gewinn der historischen Gruppe-C-Meisterschaft durch Christophe d´Ansembourg mit dem von MEC auto vorbereiteten Jägermeister-962.
Beim Betreten der Halle weiß man nicht, wohin man zuerst schauen soll. Gleich neben dem Eingang steht ein weiterer, abgedeckter Porsche 962, dahinter im Drehgestell ein zerpflückter Porsche 910. Ein Durchgang gibt die Nase eines grün-gelben Brabham BT26 frei, der dort aufgebockt steht und wieder komplettiert wird. „Den hat der Meister Jack persönlich noch signiert“, freut sich Stéphan Kupka, der ältere der beiden Brüder. „Wir waren damit vor zwei Jahren in Monaco. Ursprünglich ist das Auto mit dem Repco-Motor auf die Welt gekommen, Jochen Rindt fuhr ihn. Im Zweiten Jahr montierte Jack Brabham hier zum ersten Mal den Cosworth DVF, daher auch noch dieser kuriose Zwischenraum zwischen Chassis und Motor – diesen füllt heute noch immer die alte Feuerlöscher-Flasche, natürlich leer.“ Drei Chassis dieses Typs BT26 wurden gebaut: für Brabham und Ickx als Einsatz-Monoposti für die F1-Saison 1969 sowie ein T-Car. Einen der drei BT26 pilotierte 1970 der Südafrikaner Pieter de Klerk vom Team Gunston. „Relikte des Jckx-Fahrzeuges kamen bei einem bedauerlichen Crash in Monaco zum Vorschein.“
Die Nase des Autos war nach dem Monaco-Unfall in mehr als 50 Einzelteile zersplittert, das Problem der Mannschaft damals: Es gab keine Ersatzteile mehr. „Ich habe dann alles wie ein Puzzle wieder zusammengesetzt und dabei ein Holzstück des Flügels gefunden, auf dem ICKX mit dickem Filzstift geschrieben stand“, beschreibt Stéphan Kupka die mühsame Kleinstarbeit. „Ein tolles Zeitdokument und schade um die originale Nase des Autos, klar. Aber gut, die Autos sind zum Rennen fahren gebaut worden. Wir haben aus dem zusammengesetzten Puzzle eine Form gebaut und eine neue, sehr leichte Nase produziert, damit das Auto wieder einsatzfertig ist.“
Erinnerungen an Formel 1-Legenden
Die Formel 1 ist seit jeher das Nonplusultra für Stéphan, der selbst einmal von einer Karriere als Rennfahrer träumte – und sie startete. Heute ist seine Leidenschaft die historische Formel 1. „Dort sind wir jetzt seit 16 Jahren aktiv und haben dementsprechend auch viele der alten Größen kennen gelernt“, freut sich Stéphan über diese einmaligen Möglichkeiten. „Wir hatten viele tolle Momente und interessante Begegnungen während der letzten Jahre. Ich erinnere mich gut an ein Gespräch mit Emerson Fittipaldi, das am Rande einer Veranstaltung mehr als 1,5 Stunden dauerte – bis seine Kollegen ihn dann loseisten und sie weiter zogen, weil er zur Zeitnahme musste.“
2004 gewann das Team von MEC auto die Historische FIA-Formel-1-Weltmeisterschaft. „Wir sind in Monaco bei der offiziellen FIA-Preisverleihung gewesen“, erinnert sich Stéphan. „Unser damaliges Auto, der 76er March 761 stand vorn im Eingang dieser offiziellen FIA-Veranstaltung, das war ein toller Moment. Wir hatten mit Rodrigo Gallego einen Kunden aus Portugal, der das Thema stark vorangetrieben hat, der wollte unbedingt alles fahren. ‚Wenn das Auto in Stücken liegt, muss es eben in drei Wochen zum nächsten Rennen wieder fertig sein, egal was passiert‘, das war seine Devise. Das war klasse.“ Ein frischer Ersatzmotor und ein komplettes Ersatzfahrwerk standen ständig bereit, so konnte das Team in der Erfolgsspur bleiben.
Auch beim ersten Formel 1-Lauf in Bahrain 2004 fand ein Lauf zur historischen Weltmeisterschaft statt, „nach einem Batterieschaden wurde der March abgeschleppt – mit einem Marschall im Auto und einem vorneweg in einem Jeep“, es schüttelt Stéphan noch heute beim Gedanken daran. „Die beiden konnten sich nur nicht einigen, ob sie nun bergauf oder bergab fahren sollten. Da haben sie unser Auto überschlagen. Wir warteten sehnsüchtig in den Boxen – kein Auto zu sehen. Dann kam Mr. Ecclestone persönlich und sagte uns, dass das Auto jetzt geliefert würde. ‚Wir bleiben hier und schauen uns das an‘, sagte er. Da kam unser Auto tatsächlich, einmal auf den Kopf gestellt und im Sand paniert wie ein Schnitzel, das Öl raus – es war ein grausamer Anblick. Ecclestone sagte: ‚Das tut uns furchtbar leid. Macht bitte einen Preis, was die Reparatur kostet und sendet uns die Rechnung. Wenn ihr hier vor Ort reparieren könnt und Hilfe benötigt, ihr könnt in jedem Formel 1-Team nach Hilfe fragen, die wissen Bescheid.‘ Wir konnten nach langer Arbeit starten und unsere Rechnung wurde wirklich bis auf den letzten Cent anstandslos bezahlt…“
von Robert Weber
Fotos: Stéphane Sasso, Jens Peterhoff