AUTOMOBILSPORT: Sie sind in Paris aufgewachsen, also das genaue Gegenteil von der Gegend, wo sie jetzt leben.
Pescarolo: Ich wurde in Paris geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete mein Vater als Chirurg in Paris. Aber er wollte auf dem Land leben, deshalb kaufte er 25 Kilometer östlich der Stadt ein schönes Anwesen. Das Gebäude sah wie ein kleines Schloss aus. Nicht genauso wie das Gebäude hier, aber ähnlich. Wir lebten also ein Stück von der Großstadt entfernt. Ich selbst wollte später ebenfalls so leben, darum haben wir das Grundstück hier gekauft. Es ist 140 Hektar groß, mit einer Fläche für die Landwirtschaft, einem Wald und einem kleinen Fluss. Das war immer mein Traum. Wenn ich mit den Hunden in den Park rausgehe, fühle ich mich in die Zeit zurückversetzt, als ich zehn Jahre alt war. Das erinnert mich an mein Elternhaus.
AUTOMOBILSPORT: Eine Karriere im Motorsport war Ihnen nicht in die Wiege gelegt.
Pescarolo: Nein. Als ich jung war, wollte ich nicht Rennfahrer, sondern Flugzeugpilot werden. Als Kampfpilot wollte ich eine Mirage fliegen. In meiner Familie hatte niemand Ahnung vom Motorsport, Le Mans sagte mir überhaupt nichts. Als ich zum ersten Mal dort war, saß ich gleich im Rennwagen!
AUTOMOBILSPORT: Wie kam es also, dass Sie nicht wie ursprünglich geplant Pilot, sondern Rennfahrer geworden sind?
Pescarolo: Dass ich Rennfahrer geworden bin, war kompletter Zufall. Ich hatte im Radio gehört, dass es in der Gegend, wo ich lebte, ein Talentförderprogramm für Rennfahrer geben würde. Wissen Sie, Anfang der 60er Jahre hatten wir in Frankreich keine jungen Fahrer. Es gab noch keinen Kartsport oder so was, wo man als junger Mensch teilnehmen konnte. Also beschloss der französische Automobilverband, für 1964 ein Programm mit dem Namen „Ford Jeunesse“ ins Leben zu rufen. Zu den Sponsoren gehörten Ford und die französische Zeitschrift Sport Auto. Sie stellten zwölf Lotus Seven für zwölf Automobilclubs in Frankreich zur Verfügung, und jeder Club sollte einen Fahrer für eine Saison auswählen, in der sowohl Rundstrecken- als auch Bergrennen gefahren wurden. Das weckte mein Interesse, also bewarb ich mich, und am Ende der Saison war ich Bergmeister in der Region Paris. Ich habe nur an drei Rundstreckenrennen teilgenommen, also habe ich diesen Teil der Serie nicht gewonnen. Aber wegen meiner Erfolge wählte mich Jean-Luc Lagardère für sein Matra-Programm aus, als eines der jungen Talente für die Saison 1965.
Das größte Problem am Ende der Saison war, dass mein Vater mich zur Preisverleihung begleitete und die Leute dort fragte, was wir als nächstes tun sollten. Als sie ihm sagten, er müsse mir ein neues Formel-3-Auto kaufen, war er völlig schockiert. Er sagte mir, ich müsse wohl mein Medizinstudium aufgeben. Und dann kam Matra ...
AUTOMOBILSPORT: Warum trugen Sie einen grünen Helm? …
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von Robert Weber
Fotos: Cahier, Archiv Pescarolo, Teissedre, DPPI, McKlein, Siebert, Alfa Romeo